NEUIGKEITEN
LauschRausch oder Was entsteht im Verweilen?
Literarische Texte präsentieren im öffentlichen Raum: Die Parkbank als Sinnbild fürs Verweilen wird zum akustischen Literaturverteiler. Auf
zehn ausgewählten Parkbänken der Stadt Saarbrücken werden Poesie und Prosa sicht- und hörbar gemacht. Je Parkbank werden zwei Texte einer schreibenden Person veröffentlicht. Auf Lehn- und Sitzflächen
der Parkbank befinden sich ein Haiku und ein QR-Code. Der QR-Code führt dann zu einem
vorgelesenen Kurzprosatext.
Die Wahrnehmung der Umgebung wird zur Bühne der erzählten Texte.
Der QR-Code führt außerdem zur Website, auf der die Autor:innen vorgestellt werden. Dort sind die Texte neben der Hörfassung auch in schriftlicher Form zu finden.
Die zehn Parkbänke im Bezirk Mitte können im Vorübergehen entdeckt oder als Rundgang erlaufen werden.
Projektleitung: Jasmin Kaege
Entwicklung und Unterstützung: VS Saar, Arbeit+Kultur Saarland, Landeshauptstadt Saarbrücken, ver.di
Teilnehmende Autor:innen: Tanja Begon, Natascha Denner, Frederik Dressel, Ariana Emminghaus, Sabine Göttel, Florian Jäger, Sonja Ruf, Ralph Schock, Isabell Schirra, Anne-Marie
Stöhr
Zeitraum: Das Projekt startet am Tag der Poesie, dem 21. März 2023
Detaillierte Infos hier: Termine
und hier: https://www.lausch-rausch.de/
Klaus Bernarding gestorben
Der VS Saar trauert um den Schriftsteller Klaus Bernarding. Er starb am 7. September in Saarbrücken im Alter von 87 Jahren.
Klaus Bernarding, geboren 8. Mai 1935 in Schmelz, besuchte nach einer Eisenhändlerlehre die Pädagogische Hochschule und unterrichte, studierte dann Philosophie, Soziologie und Kunstgeschichte an der Uni des Saarlandes, leitete 1975-78 das Kulturamt der Stadt Sulzbach/Saar und arbeitete von 1985 bis 2000 im Kultusministerium, wo er auch für die Literaturförderung zuständig war. 1981/82 war er der erste Saarbrücker Stadtteilautor. 1987 erhielt er den Preis der Académie d'Alsace. 2002-2010 arbeitete er im Vorstand des VS Saar mit.
Klaus Bernarding kannte sich in Frankreich aus, in Sprache, Geschichte und Literatur, und war ein großer Lothringenversteher. Schon als 15-Jähriger fuhr er mit dem Fahrrad von Schmelz durch Lothringen nach Paris und zurück. Er besaß ein altes Bauernhaus in Billy-sous-les-côtes, unterhalb Hattonchâtel, dieses Aussichtsbalkons nahe beim Lac de Madine.
Unermüdlich arbeitete er gegen die Dekanonisierung der Lothringer Kulturgeschichte, gegen das Vergessen. Vor allem für die VHS Völklingen unternahm er mehr als 40 Jahre lang Fahrten entlang der Täler, entlang der Nationalstraßen zu kulturhistorischen Zielen. Daraus sind die drei Bücher Lothringer Passagen 1 und 2 und Lothringer Kostbarkeiten hervorgegangen, die uns in den dunklen Wald jenseits unserer Gartenhecke, in dieses seltsame alte Kulturland führen.
In einem seiner Kulturfeatures für den SR-Hörfunk, Weit und breit kein Hugenott, geht er am Fluchtweg der Hugenotten auf Spurensuche -- selbst Nachkomme der Ende des 16. Jh. vom französischen König vertriebenen Hugenotten, die durch Lothringen von Metz nach Ludweiler über die Grenze flohen und dabei einer alten Römerstraße folgten. Bernarding ist vermutlich ein Hugenottenname: Bernardin, an den die Schmelzer ein G angehängt haben, um ihn besser aussprechen zu können.
Auch die Erzählprosa in den Lothringen-Büchern Macadam und Tage der Mirabelle zeigt, wie problematisch trotz aller Liebe und Zuneigung (auch politisch verordneter!) die deutsch-französische Freundschaft geblieben ist, und was für historische Geröllhalden und fast noch qualmende Schutthaufen man bei Annäherung erst überklettern muss. Wer tiefer gräbt, findet immer Knochen in dieser Grenzgegend.
Als ich jung war, habe ich mir vorgenommen, wenn ich mal alt bin, erzähle ich nicht so wie die Alten. Aber es hat schon angefangen bevor ich alt war.
Wir müssen uns Klaus Bernarding als politischen Autor vorstellen.
Obwohl lange öffentlich beamtet, hat er sich nie in die Rolle eines Hofdichters drängen lassen, sondern löckte ebenso wie sein Vorbild Voltaire des Öfteren satirisch wider den Stachel. Der Leitz wirds richten, fast ein Kleines Saarländisches Staatshandbuch, spießt in seinen lexikalischen Stichwörtern bürokratische Hypertrophien auf, Auswüchse von Herrschaftsystemen und das eigens zu diesem Zweck erfundene Vokabular. Die in der Sprache verankerte Kritik nach oben lässt einen Vater- und Autoritätskonflikt erkennen, vermutlich einen der zentralen Antriebe in Bernardings Werk. Er brachte auch den nötigen Mut auf. Das Buch zeigte nämlich Wirkung: Sein Vorgesetzter, Kultusminister Breitenbach, empörte sich über seine Karikatur als Minister Pompou und hätte Klaus Bernarding wahrscheinlich degradiert -- hätte nicht Ministerpräsident Lafontaine (im Leitz tritt er als König Ola auf) seine schützende Hand über ihn gehalten.
Bernardings eigenwillige Mischung aus Beobachtung, Reportage, Kindheits- und Jugenderinnerungen und Reflexion kommt in Bewegung, indem er seine Welt erklärt mit Hilfe der Sprache. Indem er etwas ausspricht, sprechbar macht, macht er seine Umgebung erlebbar und lebbar. Dabei begleiten ihn Rousseau und vor allem Voltaire:
Lieber: Ballast abwerfen und sich in das Abenteuer »Zukunft« stürzen, es mit Voltaire halten und eine Volte schlagen! In seinem Sinne eine Sache »voltairisieren« – draufhauen, sie solange abklopfen, bis sie etwas hergibt!
So hielt Bernarding es auch mit der Sprache, als Grammairien, als Philologe mit sprachformaler Verankerung drehte und wendete er sie, klopfte sie ab, ob etwas herausspringt, das sich eignet, die Wahrnehmungen zu verarbeiten, und Unbegreifliches auf den Begriff zu bringen.
Eine kurze Übersicht seiner zahlreichen Veröffentlichungen findet sich hier. In den nächsten Wochen erscheint Schmelzer Kaleidoskop, ein Buch mit Erinnerungen Klaus Bernardings an seine Kindheit und Jugend im Zweiten Weltkrieg.
(Klaus Behringer)
Es gibt einen neuen Topicana-Band: Nr. 36
Topicana Nr. 36
Herr Jott erzählt Märchen
Der Autor sagt in aller Bescheidenheit: »Sind nur ganz kurze Texte, saudumme Geschichten, superschlaue Minimärchen. Lassen sich schnell weglesen. Man kanns auch lassen. Schadet nix. Das meiste ist eh nur Quatsch und Blödsinn, manchmal auch echt Käse. Mehr lässt sich beim besten Willen nicht sagen. Außer vielleicht: Könnte unter sehr besonderen Umständen eventuell für den ein- oder anderen möglicherweise doch nicht so ganz uninteressant sein.«
Dirk Bubel war 1976 Begründer des Kleinverlages Bernd Schreiber Verlag. Mitherausgeber der Literaturzeitschrift Versuche. 1978 bis 1981 Redakteur, freiberufliche Tätigkeit als Pressesprecher und Werbetexter. 1982 bis 1984 Kleinbauer und Tagelöhner in Griechenland. 1987 Mitbegründer des Saarländischen Literaturbüros. Von 1989 bis 1997 Redakteur beim Kulturmagazin Saarbrücker Hefte. Von 1989 bis 2019 Ansprechpartner für Kulturinstitutionen als Projektberater bei der Arbeit und Kultur Saarland GmbH. 1990 bis 1994 Durchführung von kulturellen Veranstaltungen in der Alten Völklinger Hütte (Steelopolis und Schichtwechsel), heute Weltkulturerbe. Verschiedene Herausgebertätigkeiten, Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien.
Der Band erscheint als Nr. 36 der Buchreihe Topicana in der Edition Saarländisches Künstlerhaus.
104 S., 2022 ISBN: 978-3-945126-89-9 € 12,00
Topicana 35: Kristin Rubra – Als ich deutsch wurde
Topicana Nr. 35
Kristin Rubra
Als ich deutsch wurde
Geschichten
Neun kurze Geschichten und eine längere. In der längeren verschläft eine sehr junge Studentin 1980 mit ihrem Geliebten einen Tornado in Michigan und gerät tief hinein in einen
Vater-Sohn-Konflikt.
„Hi, Dad… Jamie hier… falls es dich interessiert… meine deutsche Geliebte hat mir das Leben gerettet...“ Er zwinkerte mir zu. „Indem sie Rassenschande mit mir begangen hat...“ Ich kreischte los.
Im selben Moment, als Jamie den Hörer von seinem Ohr wegriss. Ich boxte ihn in die Seite und der Hörer machte einen Bungeesprung und schlug gegen das Gehäuse.
Kristin Rubra, geboren und aufgewachsen in den Sechzigerjahren in NRW. Elternsprache Deutsch. Ohne Nationalbewusstsein erzogen. Das keimte erst im Ausland. Nach der Schule Beginn eines Medizinstudiums in Michigan/USA. Das Ausland wieder verlassen, weil sie zum Schreiben die deutsche Sprache wollte. Erstes Gedicht mit neun, vom Großvater vor ihren Augen in Fetzchen zerrissen. Präzises Sprachtraining in familiären Wortgefechten. Veröffentlichungen in verschiedenen Zeitschriften, zuletzt in der Neuesten Melusine II/2016 und im STRECKENLÆUFER 32 und 33. Seit 1994 Ärztin im Saarland. Chronisch rezidivierend vom Schreiben entzündet. Zuletzt 2016. Seitdem sind die meisten der Texte in diesem Band entstanden.
Der Band erscheint als Nr. 35 der Buchreihe Topicana in der Edition Saarländisches Künstlerhaus.
152 S., 2019 ISBN: 978-3-945126-60-8 € 12,00
Topicana 34: Natascha Denner – Schau Schneee
Topicana Nr. 34
Natascha Denner
Schau Schneee
3 Erzählungen, 1 Short-Story & Gedichte - ein Tapsen an der Grenze zwischen Lyrik und Prosa. Der Schnapstote, der aus dem Schnee aufstand und ging & der Schneee wie Krüppelwatte aus rohem Brei, Subbotnixen, der dünne scheckige Mond einer Eulenfeder, ein simsender Stalker & die routinierte Richternase unter der Robe, Idee vom Abfallen der Raupen aus dem Maulbeerbaum auf die handflache Flugbahn, ein Wölkchen Spiritus, Kahlschlag auf einer Pusteblume, ein KGB-General tanzt zum Medaillenswing oder ist es schon der Punk? & aus dem Feuerzeugflämmchen recken sich androide Flamingohälse.
Natascha Denner, geboren im sibirischen Tomsk, schreibt Lyrik und lyrische Prosa. 2017 erhielt sie das Schreibresidenzstipendium Printemps Poétique Transfrontalier. Sie hat in den Saarbrücker Heften, der saarländischen Literaturzeitschrift STRECKENLAEUFER sowie im Katalog Heldenmythen – Heldentaten – Heldentod des saarländischen Künstlerhauses veröffentlicht.
120 S., 2018 ISBN: 978-3-945126-54-7 € 12,00
Topicana 33: Bernd Nixdorf – Eine intime Vertraute
Topicana Nr. 33
Bernd Nixdorf
Eine intime Vertraute
Fragmentroman
MUSIKAMENTE UND KAPUTTSTOFFBEZOGENE STÜHLE
Orientierungslos findet sich der Protagonist in Bernd Nixdorfs neuem Buch Eine intime Vertraute in einem Irgendwo wieder, das Ortskundige vielleicht als Sonnenberg identifizieren werden. Aus
der sogenannten Normalität geworfen, tastet sich jener Hopper, Pollock, Barbieri oder wie immer er heißen mag, ein Kunstfälscher auf jeden Fall, durch ein schwefelgelbes Purgatorium voran und hin zu
einer ungefähren Gewissheit seiner selbst. Der fragmentarische Rekonstruktionsversuch einer Vergangenheit, die noch nicht vergangen ist, vielleicht sogar noch nicht einmal begonnen hat, spürt einem
Leben nach, dessen Fundament aus Selbstentfremdung und Realitätsvortäuschung gegossen war.
Assoziativ, in oft sehr kurzen Kapiteln, ähnlich einem Bewusstseinsstrom eher motivisch und thematisch, als einer vordergründig mitteilsamen Chronologie folgend (man mag es „postmodern“ nennen, falls
das noch modern ist), erzählt Nixdorf auf wechselnd abstrakten und konkreten Ebenen vom Zurücklassen und Sich-Finden, von den Absurditäten innerhalb und außerhalb der geschlossenen Abteilungen von
„Psychiatrie“ und „Normalität“. Vom Weiterleben für das, wofür zu leben sich gelohnt haben wird. Und von der intimen Vertrauten, die, obwohl ständig anwesend, sich erst am Ende offenbart als jene
treueste Geliebte, die alleine zwar nicht alles sein mag, aber ohne die Alles Nichts ist.
112 S., 2018 ISBN: 978-3-945126-47-9 € 12,00
Topicana 32: GRAND EST petit ouest
Hausfrau in einem elsässischen Dorf, Heranwachsende im lothringischen Stahlrevier, Studienabbrecher im Saarland… In sieben Alltagsporträts bietet diese Anthologie ein Psychogramm des deutsch-französischen Grenzraums weit unterhalb der Wahrnehmungs-schwelle öffentlicher Berichterstattung.
In ihrer Reihe TOPICANA präsentiert die Edition Saarländisches Künstlerhaus mit dieser zweisprachigen Anthologie eine kontrastreiche Auswahl zeitgenössischer Erzähler:
Anne Basc (Bouxwiller/Elsass)
Arnaud Friedmann (Paris, aufgewachsen im Elsass)
Sophie Bour (Metz)
Sonja Ruf (Saarbrücken)
Jörg W. Gronius (Saarbrücken)
Ralph Schock (Saarbrücken)
Erhard Schmied (Saarbrücken)
GRAND EST petit ouest. 7 Erzählungen aus dem Saarland, Lothringen und dem Elsass handelt auf Deutsch und Französisch von Deutschland und Frankreich. Herausgegeben von Jörg Ruthel (Straßburg)
308 S, durchgehend zweisprachig, Nov. 17
ISBN: 978-3-945126-43-1 € 14,00
Web-Datenbank für Honorare bei mediafon
Das Referat Selbstständige von verdi und die BKS (Bundeskommission Selbstständige) haben eine Internet-Datenbank für Honorare eingerichtet. Jeder Selbstständige kann dort nachsehen, ob er selbst für seine Leistung ein angemessenes und übliches Honorar
bekommt. Dazu können alle mit Auskünften über ihre eigenen Aufträge, Werk- und Honorarverträge beitragen, gehe es nun um Literatur oder andere Tätigkeiten.
Ihr findet die Honorarumfrage und -datenbank hier auf der Seite von mediafon.net, dem Beratungsnetz für Solo-Selbstständige. Übrigens sind die Beratungen von mediafon für
ver.di-Mitglieder kostenlos und die Einträge in der Honorardatenbank sowieso!