Klaus Bernarding,


geboren 8. 5. 1935 in Schmelz

gestorben 7. 9. 2022 in Saarbrücken

1955 Abitur in Saarbrücken, danach Lehre
im Eisenhandel mit Abschluss. Studium der Pädagogik (Lehrer) sowie der Philosophie, Soziologie und Kunstgeschichte an der Universität des Saarlandes. Mehrere Jahre als Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und als Dozent in der Erwachsenenbildung tätig.
1975-1978 leitete er das Kulturamt der Stadt Sulzbach. 1981-82 war er
erster Stadtteilautor von Saarbrücken (Malstatt). 1987 erhielt Bernarding
den Autorenpreis der Académie d’Alsace (Straßburg).
Von 1985 bis 2000 arbeitete er als Referent und Referatsleiter im
Kultusministerium des Saarlandes, das er zuletzt als Regierungsschuldirektor
in den Ruhestand verließ.

 

Klaus Bernarding lebte in Saarbrücken. Neben Radiobeiträgen und Artikeln erschienen von ihm mehrere Bücher und Aufsätze, hier eine Auswahl:

  • Die Regierungs-v-erklärung, 1972
  • Laut- und Stillstände (Lyrik) 1977
  • Peñiscola. Prosastücke 1988
  • Der Leitz wird‘s richten. Berichte aus Wortura. 1991
  • Voltaire in Briefen. Eine Portrait-Skizze (1995)
  • Molschder Momente 1983 und Hambacher 1999, Bücher mit Texten über Saarbrücken-Malstatt
  • zahlreiche Kulturfeatures für den Saarländischen Rundfunk, wie etwa Weit und breit kein Hugenott
  • Tage der Mirabelle 1998 und Macadam. Vom kleinen Grenzverkehr mit den Nachbarn im Westen 2011 (Erzählprosa aus Lothringen)
  • Lothringer Passagen 1 und 2 (2007 und -9) und Lothringer Kostbarkeiten (2013) (Kulturreiseführer)
  • Dein roter Tiger, Esther. Gedichte durch die Jahre und Orte, (2019)
  • Infusionen – Im Netzwerk der Ärzte (2020)
  • Schmelzer Kaleidoskop. Aus einer Kindheit und Jugend im Zweiten Weltkrieg (2022)

 

In der Buchreihe Topicana erschien 2011 Lara kommt. Ein Abschied in 31 Episoden. Edition Saarländisches Künstlerhaus, Saarbrücken 2011, ISBN 978-3-940517-63-0, als Band Nr. 24)

 

Mehr über Klaus Bernarding ist zu erfahren: hier und hier. und hier:

 

 

Klaus Bernarding, geboren 8. Mai 1935 in Schmelz, besuchte nach einer Eisenhändlerlehre die Pädagogische Hochschule und unterrichte, studierte dann Philosophie, Soziologie und Kunstgeschichte an der Uni des Saarlandes, leitete 1975-78 das Kulturamt der Stadt Sulzbach/Saar und arbeitete von 1985 bis 2000 im Kultusministerium, wo er auch für die Literaturförderung zuständig war. 1981/82 war er der erste Saarbrücker Stadtteilautor. 1987 erhielt er den Preis der Académie d'Alsace. 2002-2010 arbeitete er im Vorstand des VS Saar mit.

 

Klaus Bernarding kannte sich in Frankreich aus, in Sprache, Geschichte und Literatur, und war ein großer Lothringenversteher. Schon als 15-Jähriger fuhr er mit dem Fahrrad von Schmelz durch Lothringen nach Paris und zurück. Er besaß ein altes Bauernhaus in Billy-sous-les-côtes, unterhalb Hattonchâtel, dieses Aussichtsbalkons nahe beim Lac de Madine.

Unermüdlich arbeitete er gegen die Dekanonisierung der Lothringer Kulturgeschichte, gegen das Vergessen. Vor allem für die VHS Völklingen unternahm er mehr als 40 Jahre lang Fahrten entlang der Täler, entlang der Nationalstraßen zu kulturhistorischen Zielen. Daraus sind die drei Bücher Lothringer Passagen 1 und 2 und Lothringer Kostbarkeiten hervorgegangen, die uns in den dunklen Wald jenseits unserer Gartenhecke, in dieses seltsame alte Kulturland führen.

In einem seiner Kulturfeatures für den SR-Hörfunk, Weit und breit kein Hugenott, geht er am Fluchtweg der Hugenotten auf Spurensuche -- selbst Nachkomme der Ende des 16. Jh. vom französischen König vertriebenen Hugenotten, die durch Lothringen von Metz nach Ludweiler über die Grenze flohen und dabei einer alten Römerstraße folgten. Bernarding ist vermutlich ein Hugenottenname: Bernardin, an den die Schmelzer ein G angehängt haben, um ihn besser aussprechen zu können.

Auch die Erzählprosa in den Lothringen-Büchern Macadam und Tage der Mirabelle zeigt, wie problematisch trotz aller Liebe und Zuneigung (auch politisch verordneter!) die deutsch-französische Freundschaft geblieben ist, und was für historische Geröllhalden und fast noch qualmende Schutthaufen man bei Annäherung erst überklettern muss. Wer tiefer gräbt, findet immer Knochen in dieser Grenzgegend.

Als ich jung war, habe ich mir vorgenommen, wenn ich mal alt bin, erzähle ich nicht so wie die Alten. Aber es hat schon angefangen bevor ich alt war.

 

Wir müssen uns Klaus Bernarding als politischen Autor vorstellen.

Obwohl lange öffentlich beamtet, hat er sich nie in die Rolle eines Hofdichters drängen lassen, sondern löckte ebenso wie sein Vorbild Voltaire des Öfteren satirisch wider den Stachel. Der Leitz wirds richten, fast ein Kleines Saarländisches Staatshandbuch, spießt in seinen lexikalischen Stichwörtern bürokratische Hypertrophien auf, Auswüchse von Herrschaftsystemen und das eigens zu diesem Zweck erfundene Vokabular. Die in der Sprache verankerte Kritik nach oben lässt einen Vater- und Autoritätskonflikt erkennen, vermutlich einen der zentralen Antriebe in Bernardings Werk. Er brachte auch den nötigen Mut auf. Das Buch zeigte nämlich Wirkung: Sein Vorgesetzter, Kultusminister Breitenbach, empörte sich über seine Karikatur als Minister Pompou und hätte Klaus Bernarding wahrscheinlich degradiert -- hätte nicht Ministerpräsident Lafontaine (im Leitz tritt er als König Ola auf) seine schützende Hand über ihn gehalten.

 

Bernardings eigenwillige Mischung aus Beobachtung, Reportage, Kindheits- und Jugenderinnerungen und Reflexion kommt in Bewegung, indem er seine Welt erklärt mit Hilfe der Sprache. Indem er etwas ausspricht, sprechbar macht, macht er seine Umgebung erlebbar und lebbar. Dabei begleiten ihn Rousseau und vor allem Voltaire:

Lieber: Ballast abwerfen und sich in das Abenteuer »Zukunft« stürzen, es mit Voltaire halten und eine Volte schlagen! In seinem Sinne eine Sache »voltairisieren« – draufhauen, sie solange abklopfen, bis sie etwas hergibt!

So hielt Bernarding es auch mit der Sprache, als Grammairien, als Philologe mit sprachformaler Verankerung drehte und wendete er sie, klopfte sie ab, ob etwas herausspringt, das sich eignet, die Wahrnehmungen zu verarbeiten, und Unbegreifliches auf den Begriff zu bringen.

(Klaus Behringer)